Quelle: https://linksunten.indymedia.org/de/node/143936
Wir haben heute, 21. Mai, die SBB IMMOBILIEN an der ZOLLSTRASSE in ZÜRICH angegriffen. Wir wählten diese Adresse der SBB Immobilien, da sie sich in unmittelbarer Nähe sowohl der (fast) vollendeten Europaallee wie auch der noch zu bauenden Zollstrasseüberbauung befindet. Vor dem Hintergrund der kapitalistischen Krise und der immensen Bedeutung, welches die Stadtentwicklung im Dienste des Kapitals als profitträchtiger Sektor in sonst so krisenhaften Zeiten annimmt, war es an der Zeit, dem Staatsbetrieb, welcher bei der Stadtaufwertung kräftig mitmischt, einen Besuch abzustatten.
Die Krise des Kapitalismus ist zur Normalität geworden, seit 2008 ist sie allgegenwärtig. Die Konsequenzen sind vielfältig. Unter anderem drängt sie die Städte zu einer verstärkten Standortpolitik, sowohl bezüglich Sitz von Unternehmen, finanzstarker Kapitalisten und gewinnträchtigen Immobilien. Zürich als Global City, im Wettbewerb mit den Global Players! Überhaupt wirkt es so, als versuche man mittels englischer Schlagwörter die Krise wegzureden. Doch der Wettbewerb hat reale Konsequenzen, setzt urbane Aufwertung, gehobene Konsummöglichkeiten und die Abwesenheit von ‚Kriminalität‘, Drogenszene, Bettelei, ‚Vandalismus‘, überhaupt der marginalisierten Bevölkerungsgruppen, voraus. Diese werden aus bestimmten städtischen Räumen hinaus gesäubert. Im Kreis 4 steht das von den linksgrünen PolitikerInnen initiierte berüchtigte Projekt ‚Langstrasse plus‘ mit dem Abriss der ‚Perla-Mode‘, einem Raum der versuchte, sich nicht gänzlich der Profitlogik hinzugeben, vor der Vollendung. Das ‚Langstrasse plus‘ Projekt, welches von 2001 bis 2010 lief, hatte zum Ziel, die Langstrasse aufzuwerten. Geleitet wurde es von Rolf Vieli und der damaligen Polizeidirektorin Esther Maurer (SP).
Die SBB drehen mit der ‚Wertsteigerung der Grundstücke und Immobilien‘ entlang der Bahnareale am HB Zürich kräftig mit an der Schraube der kapitalistischen Urbanisierung in Zürich. Schon wichtiger Akteur an der Zerstörung des Areals an der Lagerstrasse hin zur Europaallee, werden nun an der Zollstrasse weitere Luxusimmobilien hingeklotzt. Das Wirken der Bundesbahnen beschränkt sich nicht nur auf Zürich, da Städte und Gemeinden oft rund um Bahnhöfe entwickelt wurden und immer mehr Bahnhofsschalter zugehen, steht der SBB immer mehr Fläche an zentraler Lage zur Entwicklung zur Verfügung. In ihren Worten: „SBB Immobilien baut auf eine Vielzahl verkehrstechnisch optimal erschlossener Objekte.“ Dabei klotzen sie, statt zu kleckern. Als gewinnträchtige Sparte des Gesamtunternehmens wurden Profitchancen erkannt (während im Personenverkehr die Defizite durch immer höhere Ticketpreise reduziert werden sollen). So war der Gewinn der Bahn 2014 nur dank den Immobilien überhaupt positiv. Der Anteil eher günstiger Wohnungen in ihrem Portfolio soll von jetzt rund 80% künftig auf einen Drittel gesenkt werden, eine Direktive, die direkt aus dem Bundesratssitzungszimmer kam. Und so werden Bonzenbauten wie an der Europaallee rund um Bahnhöfe auch in Luzern, Olten, St. Gallen, Bern oder Basel zur von oben abgesegneten Realität, kein Zufall, sondern klar deklarierte Strategie. Wobei man zugleich sagen muss, dass Zürich tatsächlich ein grosses Standbein der SBB’schen Immobilienstrategie ist, 10 Projekte (nebst der Europaallee in Schlieren, Altstetten, Oerlikon oder Tiefenbrunnen) werden aktuell bei ihnen aufgeführt. Angriffsziele genug also.
Das Kapital und sein Staat sind mächtig, zugleich aber auch verletzlich und angreifbar. Wo aus Resignation und Ohnmacht Wut und Widerstand auf der Strasse wird, werden den Herrschenden Grenzen gesetzt. Streiks, Mobilisierungen, Sabotage, militante Angriffe von in- und ausländischen ProletInnen, das ist die Antwort auf die kapitalistische Aufwertung. Als internationales Phänomen provoziert die kapitalistische Stadtaufwertung in verschiedensten Situationen verschiedene Reaktionen. Es gibt zahlreiche positive Bezugspunkte, wo mittels Organisierung, klarer Zielsetzung und einer Politisierung der Stadtentwicklung entgegen gehalten wurde (wir blicken hier nach Griechenland, Italien oder Deutschland). Im besten Fall wurden die Pläne von oben durchkreuzt, langfristig wichtig bleibt die zurückbleibende Kampferfahrung aus den Auseinandersetzungen. Als strategische Kategorie, in der revolutionäre Politik stattfindet, muss uns der Raum, in dem wir uns bewegen, etwas angehen (ein Fakt, den die bürgerlichen Strategen längst begriffen haben). Die politische Bedeutung des Raums sehen wir auch am vergangenen 1. Mai in Zürich, wo die bewilligte Demonstration am morgen die Massen in den Kreis der Bourgeoisie leitete, zugleich jede Zuspitzung oder Konfrontation mit der Bourgeoisie und deren Staat mied, und damit letztlich nicht Bruch, sondern Partnerschaft propagiert. Eine Politik, die zu verurteilen ist. An den Antworten gegen die kapitalistische Stadtaufwertung beteiligen wir uns, gegen die Stadt der Kapitalisten, für eine Stadt von unten.
Für eine revolutionäre Perspektive!