Übersicht zu den rechtsradikalen Mobilisierungen in Weil am Rhein.
! Aufruf zum Widerstand gegen den zweiten Aufmarsch von Pegida Dreiländereck (29.11.2015) !
Bereits zum dritten mal hintereinander mobilisierten Rechtsradikale diesen Sonntag nach Weil am Rhein neben Basel (1. Mal, 2. Mal). Neu öffentlich als Pegida Dreiländereck auftretend, versuchen sie die übliche Pegida-Zielgruppe anzusprechen: Auf der einen Seite rechtsradikale bzw. faschistische Kreise, die ein etwas gemässigteres Image gegen aussen tragen wollen. Auf der anderen Seite naive Menschen, die für ihre Ängste einen Sündenbock suchen. Wiederum hat sich der Zeitpunkt der Mobilisierung geändert, neu wurde um 15:00 auf den Rathausplatz aufgerufen. Das Rathaus liegt in Weil am Rhein an einem Platz abseits der Hauptstrasse, auf den sich an einem Sonntag nur wenige Passanten verirren. Inhalte suchen sich bei ihrer Mobilisierung vergeblich, der Aufruf besteht aus einem Satz mit Wochentag und Ort.
Pegida hinter dem falschen Dreiländereck-Banner.
Wie eine Woche zuvor folgten rund 70 Menschen dem rechten Aufruf, etwa zur Hälfte vom Äusseren her der „klassischen“ Nazi / Hooligan-Szene zuordenbar. Ort des Geschehens war an diesem Sonntag fast ausschliesslich der Rathausplatz – die Pegida-AnhängerInnen wurden von der Polizei in ein Gitterkäfig an der Ecke des Rathausplatz direkt neben einer Dönerbude geführt und dort abgeschirmt, die Einsatzkräfte haben mit einem zweiten Gitter eine Pufferzone von rund 10 Metern aufgebaut, ausserhalb derer sich die AntifaschistInnen sammelten. Bei der Ankunft wurden alle Rechtsradikalen durch die Polizei kontrolliert. Hinter einem Pegida Dreiländereck-Banner (Deutschland, Schweiz und… Österreich?!?) installierten sie ihre Soundanlage. Das von ihnen gewünschte Fahnenmeer bestand aus zwei Deutschland-, einer Schweizer sowie einer Wirmer-Flagge (Wikipedia). Drei der vier angekündigten Redner – Tobias Steiger (Portrait) und Ignaz Bearth (Portrait) aus der schweizer Pegida-Szene, sowie der verwirrte Lokalpolitiker Klaus Springer (Portrait) – traten auf. Der vierte angekündigte Redner, Fikri Akar konnte nicht sprechen, da er während einer Polizeikontrolle angab eine Bombe bei sich zu tragen um die „Nazis in die Luft zu jagen“ – er wurde vorläufig festgenommen. Während den Reden beschwerte sich Tobias Steiger unter Anderem über den Widerstand gegen Pegida in Basel. Eine grössere Gruppe von Rechtsradikalen sind bereits um ca. 14:30 über die Friedensbrücke unter Polizeischutz auf den Rathausplatz begleitet worden, die gesamte Pegida-Gruppe wurde nach ihrer Kundgebung durch die Polizei wiederum über die Friedensbrücke begleitet.
Violet/Braun: Kundgebungsort von Pegida. Rot: Versammlungsort der AntifaschistInnen. An- und Abreise der Pegida-Anhänger erfolgte unter Polizeischutz aus bzw. in westliche Richtung über die Friedensbrücke.
Knapp 100 AntifaschistInnen kamen, um Widerstand gegen Pegida zu leisten – viele GenossInnen sind nach der polizeilichen Prügel- und Verhaftungsorgie gegen AntifaschistInnen rund um den NPD-Bundesparteitag in Weinheim am Vortag (Junge Welt) nicht auch noch nach Weil am Rhein gekommen. Die antifaschistischen Aktivitäten bestanden hauptsächlich aus Parolenrufen, Wortgefechten und Transparenten. Durch die starke und gut vorbereitete Polizeipräsenz war es nicht möglich, näher als 10 Meter an die Kundgebung der Rechtsradikalen zu kommen. Bei der Abreise der Rechtsradikalen über eine Nebenstrasse wurde versucht, durch Rennen auf der Hauptstrasse an diese heranzukommen – auch das konnte durch die Polizei verhindert werden. Am Rande dieser Szene kam es zu einem kurzen Einsatz von Gewalt durch die Polizei, als einige provozierende Rechtsradikale durch AntifaschistInnen vertrieben wurden.
Nach dem Widerstand am Tag mobilisierten die Partei Die Linke Lörrach sowie die Juso Lörrach gemeinsam um 18:30 auf den Berliner Platz zu einer Demo, um ein „klares Zeichen gegen Rechts“ zu setzen, Stunden nachdem sich die Rechten vom Acker gemacht haben. Laut Medienberichten sollen an dieser Demonstration rund 150 Personen teilgenommen haben. Durch die Wahl des Zeitpunkt führte diese Mobilisierung zu einer Spaltung des Widerstands gegen die Rechtsradikalen.
Die Polizei war an diesem Sonntag klarer taktischer Sieger: Mit (zumindest geschätzt) weniger Einsatzkräften als in der Vorwoche gelang es ihnen, ein Aufeinandertreffen von Rechtsradikalen und AntifaschistInnen von Vornherein durch den Einsatz von Hamburger Gittern sehr deutlich zu verunmöglichen. Durch das Einzäunen der Pegida-Anhänger sowie das Schaffen einer Pufferzone zwischen diesen und den AntifaschistInnen – wir standen hinter einem zweiten Gitterring um die Rechten – kam es während der gesamten Zeit der Kundgebung ausschliesslich zu akustischen Störaktionen sowie zu Wortgefechten, heikel für die Polizei wurde es erst während dem von der Polizei geschützten Abzug der Rechten. Beim Einzug der Rechtsradikalen wurden diese kontrolliert, es kam zu acht vorläufigen Festnahmen wegen Verstössen gegen das Waffen- und das Versammlungsgesetz.