NEOKOLONIALISMUS – Die Bündnispartner der imperialistischen Mächte in Libyen und Syrien sind ihre Feinde in Mali. Verkehrte Welt? Nein, ganz einfach imperialistische Machtpolitik um geostrategische Interessen und Rohstoffe.
(rabs) Einmal mehr präsentiert sich die französische Kriegsmaschine als uneigennützige Retterin in der Not. Nach dem Überfall auf Libyen und dem Putsch in der Elfenbeinküste gegen den gewählten Präsidenten Gbabgo marschierten im Januar französische Kampftruppen in der ehemaligen Kolonie Mali ein. Proteste gegen diesen jüngsten Akt imperialistischer Kriegspolitik blieben einmal mehr aus. Die revisionistische Kommunistische Partei Frankreich (KPF), die seinerzeit die französische Regierung in ihrem verbrecherischen Krieg gegen das algerische Volk unterstützte, hat nicht viel dazu gelernt. Zu Mali äussert sich die Partei auf ihrer Website einzig mit einer Presseerklärung, in der eine militärische Intervention nicht als Alleingang, sondern im Rahmen der UNO gefordert wird. Ganz anders sieht dies der malische Professor Issa N’Diaya, der in seiner Rede im Kongress eben dieser KPF vom 9.2.2013 unmissverständlich festhält: „Was sich heute in Kidal abspielt wird sicherlich den Schleier der Heuchelei und Lügen herunterreissen, der die wahren Absichten der ausländischen Interventionen in Mali verdeckt, ob diese nun französisch, europäisch, afrikanisch oder unter einem UNO-Mandat sind.“
Im Unterschied zu grossen Teilen der französischen Linken weiss die deutsche Sektion der ärztlichen Friedensorganisation IPPNW (International Physicians for the Prevention of Nuclear War) um die Interessen und Gefahren neokolonialer Kriege. Man kann sich sicherlich über den Nutzen eines Appells an den deutschen Bundesaussenminister Guido Westerwelle streiten . Das ändert aber nichts an den vom IPPNW ins Feld geführten Fakten. So zum Beispiel den Ausverkauf „fruchtbarer Ackerböden an Banken, Investmentfonds und Konzerne“ in Mali und die damit einhergehende „massiven Landvertreibungen von Kleinbauern und –bäuerinnen und Viehhirten“. Klartext wird in dieser Erklärung aber auch über die Interessen der imperialistischen Mächte gesprochen: „Im Mali geht es den Industrieländern zudem um die Sicherung von Rohstoffen.“ Das afrikanische Land ist „der drittgrösste Goldproduzent Afrikas“ und verfügt über „Phosphatvorkommen, Öl- und Gaslagerstätten und Uranvorkommen“.
Al-Qaida – Bündnispartner in Libyen und Syrien
Gerade das Uran ist für Frankreich mit seiner atomaren Bewaffnung und über 60 Atomkraftwerken von strategischer Bedeutung. Hinter dem französischen Einmarsch in Mali steht also sicherlich nicht die Sorge um das Wohl der Bevölkerung. Zumal Frankreich eine direkte Verantwortung für den Einmarsch der Al-Quaida-Banden in Mali trägt. Mit genau diesen Kräften haben die französischen Militärs Libyen in einen Bürgerkrieg verwickelt und Gaddafi gestürzt. Und mit dem exakt gleichen Szenario wurde Syrien in einen blutigen Bürgerkrieg getrieben. Finanziell und logistisch unterstützt werden diese „Rebellen“ von Saudi-Arabien und Katar, den wichtigsten Bündnispartnern und Waffenempfängern der imperialistischen Mächte in der Region.
Der Sturz von Gaddafi hat in verschiedener Hinsicht die Situation in Mali negativ beeinflusst. Viele MalierInnen haben im Libyen gearbeitet und, wie alle Fremdarbeiter, mit ihrem Lohn die Familie zu Hause unterstützt. Gaddafi genoss in Mali einen ausgezeichneten Ruf, nicht zuletzt auch wegen zahlreicher von ihm finanzierten öffentlicher Projekte.
Die Fundamentalisten, die weibliche Form kann getrost weggelassen werden, präsentieren sich in Mali von ihrer widerlichsten Seite. Eine Horde wildgewordener Barbaren verbot einem kulturell hochstehenden Volk bei blutiger Bestrafung Musik, Literatur, Sport und Tanz. Wer wollte der Bevölkerung von Timbuktu ihren Jubel für den Neokolonialisten François Hollande verübeln. Die Freude wird von kurzer Dauer sein. Die französischen Imperialisten und die korrupte Regierung von Präsident Traoré werden die Lebensbedingungen im ohnehin vernachlässigten Norden Malis nicht nachhaltig verbessern.
Zwiespältige Bündnispolitik der MNLA
Mit der Vertreibung der islamistischen Milizen sind die tiefen Widersprüche zwischen dem armen Norden und der Zentralmacht in Bamako keineswegs gelöst. Der Konflikt begann, das sollte nicht vergessen werden, mit dem Aufstand der MNLA (Nationale Bewegung für die Befreiung das Azawad), einer Organisation der Tuareg, die die Unabhängigkeit der Region forderten. Am 26. Mai 2012 schloss die MNLA mit der islamistischen Ansar Dine (Unterstützer des Glaubens) ein Bündnis. Gegenüber Al Jazeera erklärte ein Sprecher von Ansar Dine, er habe soeben einen Vertrag unterzeichnet, der einen unabhängigen islamistischen Staat mit islamistischem Recht vorsieht . Offensichtlich aufgeschreckt durch die brutale Durchsetzung der Scharia beendete die laizistische MLNA das Bündnis bereits nach wenigen Tagen. Auf der Website der MLNA fehlt heute auch jeglicher Hinweis auf diese unrühmliche Zusammenarbeit.
Der französische Kolonialkrieg wird von den imperialistischen Mächten genutzt, sich militärisch in der Region festzusetzen. Deutschland beteiligt sich zwar nur widerwillig am Einsatz in Mali, nutzt aber die Gelegenheit, in Dakar einen Lufttransportstützpunkt für die Bundeswehr einzurichten. Im Unterschied zur zumindest offiziellen französischen Version sieht allerdings der deutsche Kriegsminister de Mazière einen langfristigen Militäreinsatz in Mali. Niemand könne sagen, ob dieser „ein, zwei oder drei Jahre dauern wird“ .
Die USA setzen bekanntlich immer mehr auf Drohnen als Kriegswaffe und planen in Niger oder Burkina Faso Drohnenstützpunkte einzurichten. Diese Ankündigung in der „Washington Post“ kommentierte ein Leser mit den treffenden Worten: „Das ist das letzte, was wir in Afrika brauchen – wir brauchen Entwicklung und keine Bomben von Drohnen“.
Etwas schräg in der politischen Landschaft steht die Rolle der Schweizer Regierung, die im vergangenen Juli ein Treffen der malischen „Rebellen“ in Burkina Faso organisiert und finanziert hat. „Friedensförderung“ nennt das EDA diesen Versuch, auf allen Hochzeiten mittanzen zu wollen.